Freitag, 17. Juli 2020

Scientific method - die empirische Methode: Prognosen einer Theorie durch experimentelle Resultate, Tatsachenwahrheiten, falsifizieren

Seit den Überlegungen des Juristen, Mathematikers, Physikers und Philosophen, des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz, einem Zeitgenossen Isaac Newtons, bietet es sich an, die Wahrheit in zwei Kategorien zu klassifizieren: die Tatsachenwahrheit und die Vernunftwahrheit, eine mögliche und eine garantierte Wahrheit.[1] (siehe auch Deduktion versus Induktion, Logik versus Kausalität respektive Vernunftwahrheit versus Tatsachenwahrheit) Erstere, ebenfalls als kontingente Wahrheit bezeichnet, kann eine herrschende Autorität allzu sehr in die Versuchung verführen, sie zu instrumentalisieren, umzudeuten, zu verfälschen oder gar vollumfänglich zu negieren, mithin zu zerstören. Mit dem zweiten Typus, der Vernunftwahrheit, hat eine totalitäre Obrigkeit größere Schwierigkeiten zu überwältigen. Falls ihr es gelänge, etwa den Satz des Pythagoras aus allen verfügbaren Quellen zu entfernen, könnte dennoch ein schlauer Kopf, die Vermutung postulieren und den Beweis führen, das heißt die unterdrückte Wahrheit wieder ans Tageslicht fördern. Die Unterdrückung der Vernunftwahrheit in Gänze ist insofern unmöglich, während die Tatsachenwahrheit immer der Gefahr ausgesetzt sein wird, dass das Individuum ihrer nicht habhaft werden kann. „Wir können uns durchaus vorstellen, dass die Entwicklung der neuzeitlichen Wissenschaft von Galilei bis Einstein nicht stattgefunden hätte, wenn die Machtvollkommenheit der katholischen Kirche absolut gewesen wäre“, behauptete Hannah Arendt,[2] korrespondierend galt für sie: „die Tatsachenwahrheit ist von Natur politisch“, um daraus das Resümee zu ziehen: „Meinungsfreiheit ist eine Farce, wenn die Information über die Tatsachen nicht garantiert ist.“[3] Ein eindrucksvolles literarisches Beispiel entdeckt der Leser in George Orwells Dystopie "1984". Die Mitarbeiter des Wahrheitsministeriums beschäftigten sich damit die historischen Tatsachenwahrheiten an die jeweilige aktuelle politische Entwicklung anzupassen, Dokumente werden gefälscht oder vernichtet, so dass authentische Unterlagen, zeitgeschichtliche Zeugnisse, fehlen, die Geschichtsschreibung der politischen Willkür unterliegt, die Erinnerung und die Kultur liquidiert ist: „Die Vergangenheit war ausradiert, und dann war sogar die Tatsache des Radierens vergessen, die Lüge war zur Wahrheit geworden.“ [4] Zwei Beweggründe verortet Orwell in der Manipulation der Historie. Die Autorität muss den Bürger zunächst von dem dominierenden Gegenstand der überprüfbaren Realität, der kontingenten Wahrheit, abtrennen, welcher sich in der Vergangenheit manifestiert, infolgedessen fällt die Vergleichsmöglichkeit mit den gegenwärtigen Lebensbedingungen weg, der Staatsbürger erduldet alsdann seine Situation gehorsamer. Misslingt der Vergleich mit qualitativ anderen Verhältnissen, hat die Autorität die Voraussetzungen geschaffen, kann sich zweitens mühelos als unfehlbar und unangreifbar inszenieren.[5]

Empirische Wissenschaften, beispielsweise die Naturwissenschaften, erringen Erkenntnisse durch die Beobachtung der natürlichen Gegebenheiten oder vermöge einer definierten Fragestellung an die Natur. Letzteres, das wohldurchdachte Experiment, erhielt, beginnend mit Galileo Galilei und seinen Fallexperimenten, Einzug in die Physik, entwickelte den Grundstein zur modernen Experimentalphysik. Einerseits muss die Messapparatur mit dem Gegenstand der Messung in Wechselwirkung stehen, ansonsten misslingt ein Messergebnis unweigerlich, andererseits taucht die Frage nach der Verfälschung oder der Echtheit des zu messenden Effektes auf. In der Quantenmechanik, der abstrakten Betrachtung des Aufbaus der Materie – im Gegensatz zur klassischen Physik, der makroskopischen Betrachtungsweise –, kann die Wechselwirkung zwischen Apparatur und Objekt der Messung prinzipiell mitnichten beliebig verringert werden, ein Naturgesetz formuliert durch das Prinzip der Unschärfe nach Heisenberg. Diese fundamentale Naturerscheinung etablierte, dass die Intuition des Betrachters, resultierend aus der gewöhnlichen Alltagswelt, zur Illusion degradiert ist. Die Essenz der quantenmechanischen Erkenntnis: die Logik der Quantenmechanik, letztlich der Bausteine unserer Existenz, ist unvereinbar mit der klassischen Logik.

Anmerkungen

  1. Seite 52-53, [11]

  2. Seite 14, [9]

  3. Seite 23, [9]

  4. Seite 113, [6]

  5. Seite 314-315, [6]

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